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Klinikmediation: Chefärzte

Kliniken und Mitarbeiter an ihren Grenzen

Der Klinikalltag in Deutschland ist geprägt durch starre Hierarchien, unterschiedliche Interessenslagen, psychologischen Ausnahmesituationen und meist ungewollten Veränderungen, wie zB. Fusionen  und Umstrukturierungen. Das Gesundheitswesen in Deutschland ist im stetigen Wandel und bringt Kliniken und Mitarbeiter an ihre Grenzen. Das bedeutet ein erhöhtes Konfliktpotential auf unterschiedlichen Ebenen.

Hier kann Klinikmediation ein hilfreiches Instrument sein, um Emotionen „runter zu kochen“, Fehlzeiten zu reduzieren, festgefahrene Situationen wieder aufzulösen, und letztendlich kosten- und zeitsparend alle Beteiligten wieder zu einer effektiven Zusammenarbeit zu bringen.

Da es sich bei Kliniken um ein spezielles Arbeitsumfeld mit eigenen Regeln handelt, sollte der Mediator über entsprechendes Klinikwissen verfügen, da sonst die Akzeptanz in der Klinik nicht gegeben ist.

Konflikte zwischen Chefärzten

Chefärzte in Deutschland zählen immer noch zu den „Halbgöttern in Weiß“.

Entsprechend oft finden sich Alphatiere in dieser Berufsgruppe wieder, die es gewohnt sind über ihren Bereich zu „herrschen“ und sich ein Alleinstellungsmerkmal zu erarbeiten. Die Interdisziplinäre Zusammenarbeit ist oft schwierig und die zusätzlichen finanziellen und verwaltungstechnischen Anforderungen an den Arzt, führen zu zusätzlichen Konfrontationen. Nicht nur zwischen Verwaltung und Ärzten, sondern auch innerhalb der Ärzteschaft.

Ein Beispiel aus meinem Mediationsalltag: Senior Chefarzt versus Junior Chefarzt

Dr. Holger S. ist Chefarzt der neu etablierten Klinik für Plastische-, Hand- und Ästhetische Chirurgie eines Lehrkrankenhauses mit über 1.000 Betten und 2.900 Mitarbeitern. Es ist seine erste Chefarztposition, die er mit Freude und hochmotiviert angetreten hat. Sein Auftrag und sein Ziel ist es, diese Fachklinik schnell und effizient ins Laufen zu bringen, und durch entsprechende Patientenzahlen auch seinen Ruf in der Region zu zementieren.

Innerhalb kürzester Zeit merkt er jedoch, dass der Orthopädische Chefarztkollege, welcher schon viele Jahre im Klinikum tätig ist und nur ein paar Jahre vor der Rente steht, der bis dato alle Handchirurgischen Eingriffe vorgenommen hat,  ihm Patienten streitig macht.  Obwohl es von der Klinikumsleitung eine klare Direktive bezüglich der Zuordnung gibt, hält sich dieser Chefarzt nicht daran.

Es kommt immer wieder zu erhitzten Diskussionen zwischen den beiden Chefärzten, die auch in den Chefarztrunden hochemotional ausgetragen werden. Der weitaus ältere Orthopädische Kollege nutzt immer wieder die „fehlende Erfahrung“ des jungen Kollegen, um ihn auch in der Öffentlichkeit schlecht dastehen zu lassen.

Das Klima zwischen den beiden Abteilungen verhärtet sich und die untergeordneten Ärzte und das Pflegepersonal leiden zunehmend unter dem andauernden Konflikt. Patienten äußern ihr Unbehagen bezüglich der spürbaren Spannungen und die niedergelassenen Kollegen verringern ihre Überweisungen in die Klinik.

 Regelung ohne Mediation

Bei einem andauernden Konflikt werden auch die Oberärzte und Assistenzärzte, bedingt durch Loyalitätskonflikte, gezwungen Stellung zu beziehen. Es kommt zu Stellvertreterkonflikten.

Die unterschiedlichen Zuständigkeiten und gegensätzlichen Chefarztanweisungen führen bei den Pflegekräften im Stationsalltag zu zunehmenden Verunsicherungen und Frustrationen. Die Patientenversorgung wird dadurch erschwert.

Der durchaus hochqualifizierte junge Chefarzt könnte es vorziehen, seine Fähigkeiten an einer anderen Klinik gewinnbringend einzubringen. Das Konzept einer hausinternen Fachklinik für Plastische-, Hand- und Ästhetische Chirurgie könnte somit insgesamt gefährdet sein, und damit auch eine zusätzliche Einnahmequelle für das gesamte Klinikum. Ganz zu schweigen von der Imageschädigung im niedergelassenen Ärztebereich.

Was die durch mich geleistete Klinikmediation erreicht hat

Die Geschäftsführung der Klinik beschloss, nach mehreren selbst durchgeführten und gescheiterten Gesprächsterminen, meine Hilfe in Anspruch zu nehmen. In diesem Bereich, für Kliniken, noch unüblich.

Nun war es meine Aufgabe, die beiden Chefärzte wieder „an einen Tisch“ zu bringen, um die verfahrene Situation zu beleuchten, einzelne Standpunkte dazustellen und tragfähige Vereinbarungen zu treffen.

Beide Konfliktpartner stellten fest, dass ihre persönlichen Beweggründe für die jeweils starre Haltung in den vorangegangen Streitgesprächen gar nicht so weit auseinander lagen. Beide Parteien litten unter gewissen „Verlustängsten“ – Patienten, Image, Renommee. Als Einzelkämpfer, so wie es im Ärztealltag immer noch üblich ist, gab es für sie nur die „Kampfvariante“.

Durch die Auseinandersetzung mit den gegenseitigen Bedürfnissen und Zwängen,  war eine Annäherung möglich und die konstruktive Auseinandersetzung mit der Aufteilung der vorhandenen Ressourcen (Patientengut, Ärztliches Personal, Betten etc.). Letztendlich wurde durch die Mediation ein konstruktives „Miteinander und Nebeneinander“ im Klinikaltag gewährleistet.

Der Konflikt konnte in drei Sitzungen à 150 min. aufgelöst werden sowie ein verbindlicher Plan für eine konstruktive Zusammenarbeit erarbeitet werden. Die Termine fanden im Abstand von 2 Wochen statt.

 

 

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