Wie Konflikte eskalieren können_Klinikkonflikte_Klinik Coach Heike Cobaugh

Wie Konflikte eskalieren können

Wer sich mit Konflikten auseinandersetzt und sein eigenes Konfliktmanagement verbessern will, sollte sich mit den Eskalationsstufen von Herrn Prof. Friedrich Glasl auseinandersetzen. Insgesamt gibt es neun Stufen, die der Konfliktforscher Glasl in Hunderten von Fällen beobachtet und in empirischer Forschung wissenschaftlich belegt hat.

Hier ein kurzer Überblick zu den einzelnen Stufen.

Stufe 1: Spannung

Standpunkte prallen aufeinander, Positionen verhärten sich. Gespräche sind noch möglich, aber schon spannungsgeladen.

Stufe 2: Debatte/Polemik

Konfliktparteien gehen immer mehr gegeneinander vor. Man redet übereinander und Gespräche miteinander sind geprägt von gegenseitigen Angriffen, gegenseitiger Kritik und Unsachlichkeit (Polemik).

Stufe 3: Taten statt Worte

Misstrauen wächst und Empathie für die Gegenseite schwindet. „Reden hilft nicht mehr“, so die vorherrschende Meinung. Damit wird der Druck erhöht und der Kontrahent vor vollendete Tatsachen gestellt.

 Stufe 4: Bilden von Koalitionen

Man sucht sich Anhänger und Verbündete, es werden Parteien gebildet und es wird gegeneinander manövriert. Gerüchte werden verbreitet. Jetzt geht es nur noch ums Gewinnen.

Stufe 5: Gesichtsverlust

Die Gegenseite wird öffentlich bloßgestellt und das eigene Image erhöht. Angriffe werden persönlicher und gehen oft „unter die Gürtellinie“. Die subjektiven  negativen Gefühle können in Ekel umschlagen. „Man kann den anderen nicht mehr sehen oder nicht mehr riechen!“

Stufe 6: Drohungen

Drohungen werden ausgesprochen und Bestrafungsmassnahmen angekündigt. Diese Stufe ist geprägt von Dominanz und Unterdrückung. Hier geht es klar um Machtausübung. Der Gegner wird kaum noch als Mensch wahrgenommen. Die Beziehung ist zerrüttet.

Stufe 7: Begrenzte Vernichtungsschläge

Ethische und menschliche Werte spielen hier keine Rolle mehr. Selbst der eigene Schaden wird in Kauf genommen, wenn der des Gegners nur größer ist.

Stufe 8: Zersplitterung

Man versucht dem Gegner die Existenzgrundlage zu nehmen, indem man das gesamte „feindliche“ System und die Umgebung, die den Gegner einschließt, zerstört. Verleumdungen sind an der Tagesordnung.

Stufe 9: Gemeinsam in den Abgrund

Jetzt ist der „Point-of-no-Return“ erreicht: die totale Konfrontation beider Parteien. Sogar Selbstvernichtung wird in Kauf genommen, solange der Gegner auch in den Abgrund stürzt. Es gibt nichts mehr zu gewinnen, es geht nur noch um blinde Zerstörung.

Gerade eine Führungskraft sollte unbedingt frühzeitig professionell in einen Konflikt eingreifen. Die allseits beliebte Vorgehensweise von „Die sollen das unter sich regeln“ greift meistens ab Stufe 3 nicht mehr. Daher ist es umso wichtiger, dass auch Ärzte und Stations- oder Bereichsleitungen in Gesprächsführung und der einen oder anderen Schlichtungsmethode geschult sind, um gar nicht erst unterschwellige Konflikte entstehen zu lassen.

Die Auseinandersetzung mit Konflikten ist eine klare Führungsaufgabe, die in der heutigen schnelllebigen und veränderungsträchtigen Zeit im Gesundheitswesen einen hohen Stellenwert besitzt. Natürlich können auch externe Mediatoren hinzugezogen werden, jedoch sollten Führungskräfte nicht glauben, dass dies sie von ihrer Führungsaufgabe in einem Konfliktfall entbindet.

Weitere hilfreiche Informationen finden Sie hier:

Standard Reaktionen auf Kritik

Warum fürchten Führungskräfte Konflikte bei Mitarbeitern?

Video: Sieben Fehler in konfliktreichen Situationen

Buch: Selbsthilfe in Konflikten von Friedrich Glasl