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Umgang mit schwierigen Menschen im Klinikalltag (und sonst wo)

Der Klinikalltag könnte so angenehm sein, wenn da nicht immer wieder diese schwierigen Persönlichkeiten wären, die einem das Leben schwer machen! Doch was tun, wenn der Kollege/die Kollegin wieder einmal erklärt wie es besser geht, Mitarbeiter immer nur negativ reagieren,  oder der Chef einen cholerischen Anfall hat? Ganz zu schweigen von manchen Patienten, die an allem herumkritisieren. Sie alle rauben Energie und Zeit. Manchmal können sie einem sogar ein bisschen Angst machen. Auf jeden Fall kosten sie Nerven.

Wie wird jemand nur so?

Doch was treibt diese Menschen eigentlich an? Warum sind sie so wie sie sind? Wenn Sie das Verhalten von diesen schwierigen Zeitgenossen besser verstehen, werden sich Ihnen auch mehr Handlungsmöglichkeiten erschließen. Einige davon werde ich Ihnen in diesem Artikel vorstellen. Also schauen wir uns einmal gemeinsam einige schwierigen Persönlichkeitstypen an. Natürlich sind dies nur Beispiele aus meiner langjährigen Praxis und Ausnahmen bestätigen, wie immer, die Regel. Ich verwende die männliche Form, jedoch gibt es natürlich auch Frauen, die schwierig im Umgang sind.

Nörgler, Besserwisser, Pessimisten und Choleriker

Der Besserwisser

Den Besserwisser hört man manchmal schon von Weitem. Sein oftmals belehrender Tonfall ist für viele schwer zu ertragen. Egal um was es geht, dieser Typus „weiß wie die Welt geht“. Gleichzeitig hat er kein Gespür dafür, dass seine Beiträge ungefragt und meistens auch ungewollt sind. Letztendlich ist es auch egal, denn der Besserwisser ist nicht an einem Dialog interessiert, sondern möchte eher für sein Wissen anerkannt und bewundert werden. Deswegen fühlt es sich auch oft so an, als wollte dieser Mensch einem seine Meinung aufdrücken. Doch meistens will dieser das gar nicht, da er eh‘ davon überzeugt ist, dass seine besser oder richtiger ist.

Immer noch ein bisschen besser

Besserwisser sind meistens Menschen, die in ihrer Kindheit erfahren haben, dass sie nur durch Leistung gelobt wurden und gleichzeitig zu noch mehr Leistung angespornt wurden.  Sie hörten zum Beispiel solche Sätze wie: „Das war schon ganz gut, aber das geht noch besser…“. Sie haben gelernt, dass etwas zu wissen oder etwas gut zu machen, nie ausgereicht hat, um Anerkennung zu bekommen. Sie sehen andere oft als Konkurrenten, die es gilt auszustechen.

Gerade in der Berufswelt geht es ihnen letztendlich darum aufzuzeigen, dass sie unersetzlich sind. Dahinter steckt eine tiefe Sehnsucht gehört und gebraucht zu werden, da viele Besserwisser im Umgang mit anderen eher unsicher sind.

Was tun?

Wenn Ihnen klar wird, dass es Besserwissern um Anerkennung geht, können Sie diese auch nutzen, um dieser Person auf geschickte Weise eine Grenze zu setzen, indem Sie zum Beispiel folgende Formulierung benutzen: „ Danke für Ihren/Deinen Input. Ich möchte jedoch bei meiner Vorgehensweise bleiben, da ich diese gut durchdacht habe. Sollte ich Rat brauchen, komme ich aus Sie/Dich zu.“.

So vermitteln Sie ein Maß an Wertschätzung und zeigen aber gleichzeitig, dass Sie deren Wissen nicht benötigen. Wenn Sie diese Art der Reaktion kontinuierlich anwenden, wird sich ein Besserwisser wahrscheinlich mittelfristig von Ihnen distanzieren. Da diese Menschen aber keine anderen Verhaltensweisen gelernt haben, werden sie wahrscheinlich bei anderen Menschen weiterhin so reagieren. Grundsätzlich sollten Sie deren Verhalten aber nicht persönlich nehmen, da es einfach nicht persönlich gemeint ist. Es ist einfach nur ein Versuch Anerkennung und Wertschätzung zu erfahren.

Der Nörgler

Der Nörgler kommt meistens schon schlecht gelaunt auf die Arbeit und wird ungefragt anfangen über irgendwelche Missstände im Privaten oder Beruflichen Kontext zu jammern. Dieser Mensch ist schlicht und ergreifend unzufrieden. Und auch wenn Sie der Meinung sind, dass alles doch ganz gut läuft, wird der Nörgler etwas finden, was ihn unzufrieden macht, denn seine Zufriedenheit liegt in der Unzufriedenheit. Das zieht Energie und wenn in einem Team zu viele Nörgler vorhanden sind, wird sich die Leistungsbereitschaft der meisten Teammitglieder über kurz oder lang verringern.

Verwechseln Sie Nörgler jedoch nicht mit Pessimisten. Pessimisten haben eine negative Erwartung dem Leben gegenüber. Nörgler sind grundsätzlich mit ihrem Leben einverstanden. Das Nörgeln und Jammern dient einfach nur als Ventil. Sie wollen ihr Leben nicht verändern, sie wollen einfach nur nörgeln. Deswegen hilft es meistens auch wenig, ihnen Ratschläge zu geben, wie sie ihre Situation verbessern könnten.  Vielleicht haben Sie auch schon einmal die Erfahrung gemacht, dass wenn Sie, zum Beispiel als Führungskraft, für einen Nörgler eine angeblich schlechte Situation zu seinen Gunsten verändert haben, dieser auch nicht zufrieden war.

Da kann man einfach nichts machen

Nörgler haben schon früh gelernt sich auch negative Aspekte zu fokussieren. Ihnen wurde von ihren Eltern vermittelt, dass manche Dinge einfach so sind, wie sie sind und man nichts dagegen tun kann. Konflikten sollten sie einfach aus dem Weg gehen und die Welt sei nun einmal ungerecht. Wahrscheinlich haben ihre Eltern selbst viel gejammert und sich im Selbstmitleid gewälzt. Letztendlich erlebten sie immer nur Anpassung und Konfliktvermeidung. Das Nörgeln dient dazu, sich nicht als Opfer zu fühlen und gleichzeitig nichts ändern zu müssen. Lieblingsreaktionen sind: „Ja, aber…; Trotzdem…; Das geht nicht…“. Seltsamerweise sind Nörgler oft der Meinung, dass ihre kritische Haltung auch hilfreich für andere ist. Sie damit einen wichtigen Beitrag, zum Beispiel im Team leisten, wenn sie auf Unstimmigkeiten aufmerksam machen.

Was tun?

Machen Sie sich erst einmal klar, dass für den Nörgler das Jammern einen positiven Sinn hat. Es macht ihn zufrieden. Manchmal kann es sinnvoll sein, den Nörgler einfach zu ignorieren. Wenn Sie das Gefühl haben, dass Sie etwas sagen sollten oder müssen, dann setzen sie dem Nörgler eine klare Grenze. Und zwar mit etwas Verständnis: „ Ich verstehe, dass Sie das nicht gut finden, nichtsdestotrotz werden wir/oder ich das jetzt so machen.“. Wenn Sie eine härtere Grenze setzen möchten: “ Das ist Ihre/Deine Meinung. Ich kann das akzeptieren und trotzdem bei meiner Meinung bleiben.“ Noch härter wäre: “ Bitte lass‘ mich mit Deinem Jammern in Ruhe. Ich möchte mir das nicht mehr anhören.“ Eventuell dann einfach aufstehen und den Raum verlassen. Natürlich wird diese letzte Variante die Beziehung zwischen Ihnen beiden nicht verbessern, doch vielleicht wollen Sie das auch nicht.

Der Pessimist

Pessimisten strahlen etwas Schweres, Leidendes, Freudloses aus und sind voller Negativität. Das kann die Atmosphäre im Raum schlagartig verändern. Die meisten Menschen würden sich am liebsten sofort entfernen. Doch diese Art der negativen Energie lässt sich auch durch Weggehen nicht so leicht abschütteln. Die eigene Stimmung verschlechtert sich.

Pessimistische Menschen sind misstrauische Menschen, die positive Ereignisse oder Menschen als Ausnahmen abtun. Sie sind überzeugt davon, dass das Leben und Menschen sie über kurz oder lang enttäuschen oder übervorteilen werden. Es fällt ihnen schwer, sich jemanden anzuvertrauen. Ihre Körpersprache spiegelt oft ihre ganze Lebenseinstellung. In Teams sind sie nicht beliebt und werden zusehends mehr ausgegrenzt, was ihre Überzeugung nährt, dass man Menschen nicht trauen kann. Dass sie selbst dazu beitragen ist ihnen nicht bewusst.

Erwarte nichts, dann wirst du auch nicht enttäuscht

Wie schon bei den vorherigen Persönlichkeitstypen, wird der Grundstein für Pessimismus in der Kindheit gelegt. Diesen Kinder wurde von ihren Eltern oder ihrem näheren Umfeld eine negative Erwartungshaltung und Lebenseinstellung vorgelebt: “Erwarte nichts, dann wirst Du auch nicht enttäuscht.“. Machtlosigkeit und Hilflosigkeit bestimmten ihren Alltag und trübte ihren Blick bezüglich positiver Erlebnisse und Menschen. Kein Wunder, dass sie auch als Erwachsene das Glas als halbleer und nicht halbvoll sehen. Die meisten Pessimisten sind voller Selbstzweifel und es fehlt ihnen der Mut um neue Wege zu gehen. Sicherlich auch, weil man ihnen früher schon nichts zugetraut hat oder sie keine Gelegenheit hatten, positive Lernerfahrungen zu machen. Veränderungen machen ihnen Angst. Nörgler verbünden sich gerne mit Pessimisten, denn diese liefern ihnen negative „Fakten“, die den Nörgler in seiner Unzufriedenheit bestätigen.

Was tun?

Wenn Sie mit einem Pessimisten über sein negatives Verhalten sprechen wollen, sollten Sie dies immer unter vier Augen tun, da diese sehr sensibel reagieren. Zeigen Sie Akzeptanz und versuchen Sie nicht die Negativität „wegzureden“: „Ich weiß, dass ist Ihre Sicht und Sie haben ein Recht darauf. Gleichzeitig sehe ich das anders und würde Sie bitten, dass auch zu akzeptieren und nicht infrage zu stellen.“.

Wenn es keine Möglichkeit gibt sich zurückzuziehen, versuchen Sie das Gespräch auf positivere Themen zu lenken, ohne in eine Gegenargumentation zu verfallen. Sollte der Pessimist sich in Ihrem persönlichen Umfeld befinden und Sie merken, dass diese Person Sie immer wieder „runter zieht“, distanzieren Sie sich. Vielleicht brechen Sie auch den Kontakt ganz ab.

Der Choleriker

Der Choleriker scheint immer unter Strom zu stehen. Schon die kleinste Kleinigkeit kann zu einem Wutausbruch führen. Deswegen spricht man in solchen Fällen auch von einer Impulskontrollstörung. Dieses Verhalten wirkt oft zerstörerisch und unkontrolliert. Die meisten Menschen versuchen Cholerikern auszuweichen und manche haben auch schlichtweg Angst vor solchen Ausbrüchen. Meistens wird gar nicht erst darauf reagiert, da man Angst vor weiteren Ausbrüchen hat. Gelassene Menschen tun sich leichter mit Cholerikern, da sie diese Ausbrüche nicht persönlich nehmen. Andere sehen in diesem Verhalten einen persönlichen Angriff, der sie meistens länger beschäftigt.  Im Kollegenkreis werden solche Menschen immer mehr von Informationen und Planungen ausgeschlossen, um ihnen keinen Grund zu geben, sich wieder aufzuregen. Bei cholerischen Chefs kann passieren, dass Mitarbeiter immer unselbstständiger werden und jede Kleinigkeit mit dem Chef abklären.

Schon eine Kleinigkeit kann reichen

Die Anlässe für Wutanfälle sind oft banal und selten berechenbar. Nach einer solchen Attacke verspüren Choleriker oft Schamgefühl und Betroffenheit, denn eigentlich wollen sie ihre Mitmenschen nicht verschrecken oder verletzen. Sie haben einfach ihre Impulse nicht unter Kontrolle. Oftmals werden sie sich zu einem späteren Zeitpunkt für ihren Ausbruch entschuldigen, diesen aber gleichzeitig kleinreden: „So schlimm war das ja jetzt auch nicht wirklich, ich habe mich halt einfach nur etwas aufgeregt.“. Manchmal versuchen sie auch eine Wiedergutmachung mit kleinen Geschenken oder Aufmerksamkeiten. Danach ist der Fall für sie erledigt, da ein Choleriker fast schon unter einer Amnesie leidet, wenn es um seine eigenen Anfälle geht. Ganz im Gegensatz zu seinem Umfeld…

Interessanterweise sind wahre Choleriker durchaus umgängliche Persönlichkeiten. Sie sind großzügig, Willens- und Leistungsstark. Sie haben hohe Werte, sind verantwortungsbewusst und äußerst zielstrebig. Viele Choleriker können dazu auch sehr charmant sein und setzen sich auch für andere ein. Humor und Geselligkeit sind ihnen nicht fremd. Alle diese Attribute führen dazu, dass man sie oft in Führungspositionen findet. Choleriker sind nicht zu verwechseln mit Narzissten, die gezielt Wutausbrüche benutzen um andere zu manipulieren. Choleriker lassen einfach Dampf ab, der sich schon vorher aufgestaut hat.

Genetik oder Prägung?

Psychologen sind bei Cholerikern der Meinung, dass hier eine genetische Disposition vorliegt. Im Gegensatz zu den bereits genannten Typen. Man spricht von einer Tiefensensibilität, die dazu führt, dass Choleriker alles sehr gefühlsbetont wahrnehmen und dann mit allen Sinnen darauf reagieren. Sozusagen ungefiltert. Oftmals neigen sie schon in der Kindheit zu Wutausbrüchen. Wenn die Eltern dann keine Grenzen setzen, lernen sie nie ihre Gefühlsausbrüche zu kontrollieren und andere Ausdrucksformen zu finden. Wenn das Umfeld immer nachgibt, erlebt das Kind dies als eine Form von Aufmerksamkeit und Wutausbrüche ein Möglichkeit, diese Aufmerksamkeit zu bekommen. Das ändert sich auch im Erwachsenenalter nicht.

Was tun?

Erst einmal wäre es gut, wenn Sie lernen, diesen Ausbruch nicht persönlich zu nehmen. Das ist nicht immer leicht. Vermeiden Sie solche Aussagen wie: „Jetzt regen Sie sich doch nicht so auf.“. Damit gießen Sie nur Öl ins Feuer. Auch zurück schreien ist wenig hilfreich und führt zu einer weiteren Eskalation. Besser ist es, die Emotion anzusprechen: „Ich sehe ja, dass Sie sehr wütend sind. Was genau macht sie denn so wütend?“. Eine andere Variante wäre, nach dem Ausbruch ein klärendes Gespräch zu suchen. Am besten zeitnah, Sie wissen ja, die Amnesie… Schildern Sie dem Choleriker, was der Wutausbruch bei Ihnen ausgelöst hat und bitten Sie den anderen, bei Problemen früher mit Ihnen zu sprechen. „Ich habe verstanden, dass meine Arbeit in diesem Punkt nicht Ihren Erwartungen entsprochen hat. Gleichzeitig habe ich aber auch das Gefühl, dass es hier nicht nur um meine Arbeit gegangen ist. Ich würde Sie bitten mir einfach früher Bescheid zu geben, wenn Sie etwas stört. Wenn Sie so wütend sind, finde ich das einfach äußerst unangenehm und fühle mich auch einfach nur vorgeführt. Könnten Sie das bitte lassen?“

Egal wie Sie die Situation angehen, wahrscheinlich wird es sich nicht angenehm anfüllen. doch denken Sie daran, der Choleriker braucht Grenzen. Und interessanterweise respektieren Choleriker auch nur Menschen, die in der Lage sind professionell und kontrolliert Grenzen zu setzen. Auch wenn sie selbst nicht immer dazu in der Lage sind.

Weitere Informationen zu diesem Thema finden Sie hier:

Video: Umgang mit schwierigen Menschen

Wie Konflikte eskalieren können

Besserwisser wissen viel weniger, als sie behaupten

(Foto: Canva)