Umgang mit Fehlern_Klinikkonflikte_Klinik Coach Heike Cobaugh

Wie kann man aus Fehlern (wirklich) etwas lernen?

Wer kennt den Spruch nicht? Aus Fehlern kann man lernen. Komischerweise begegnen mir meistens Menschen, die mir nicht sagen können, was sie aus Fehlern gelernt haben. Stattdessen erzählen sie mir eher, welche Fehler andere gemacht haben. Ihre eigenen bleiben meistens unerwähnt. Und wenn sie über eigene Fehler sprechen, dann geht es fast immer um Scham, Ärger  sowie Frustration über die eigene Unfähigkeit. Oder aber sie waren „das Opfer“, welches nur deswegen einen Fehler gemacht hat, weil andere wiederum Schuld waren… Wo also bleibt der Lerneffekt?

Der Umgang mit Fehlern wird uns nicht beigebracht

Vielleicht liegt es daran, dass wir keine guten Erfahrungen mit Fehlern gemacht haben. Das fängt ja schon in der Schule an. Fehler waren oft einfach nur unangenehm. Mit rotem Stift wurden sie demonstrativ vom Lehrer markiert, endeten in schlechten Noten, manchmal in blauen Briefen und selten in Begeisterungsausbrüchen unserer Eltern. Ziel war es doch immer so wenig Fehler wie möglich zu machen, um die bereits genannten Unannehmlichkeiten zu vermeiden. Fehler als produktive Lernerfahrung? Fehlanzeige. In der Ausbildung geht es dann so weiter und im späteren Berufsleben enden Fehler oft in öffentlicher Bloßstellung, Kollegenhäme und eventuell auch jahrelangem „Nachtragen“ und wiederholtem „aufs Brot schmieren“. Kein Wunder also, dass auch wir unsere Kinder vor Fehlern bewahren wollen. Ein Hoch auf die Perfektion!

Keine Entwicklung ohne Fehler

Doch ohne Fehler hätten wir Menschen uns nie weiter entwickelt. Wären nie geniale Entwicklungen und Innovationen möglich gewesen. Ich denke da nur an so Menschen wie Thomas Edison, Steve Jobs, Ian Fleming oder Christoph Columbus, der glaubte nach China zu segeln und stattdessen Amerika entdeckte. Ohne ihre Fehler hätten wir heute vielleicht kein Licht, kein iPhone, kein Penicillin und wüssten nichts über Indianer.

So kann man wirklich aus Fehlern lernen

Also hier meine Tipps für alle, die sich schwer tun aus ihren Fehlern zu lernen.

Den Fehler anerkennen

Als Erstes gilt es den Fehler wirklich anzuerkennen. Es ist passiert und das ist ok so. Ich muss es nicht verleugnen noch verdrängen. Ich muss nicht trotzig reagieren noch herunterspielen.

Übernehmen Sie Verantwortung

Schieben Sie die Verantwortung nicht auf andere Menschen, wenn der Fehler bei Ihnen lag. Machen Sie sich nicht zum Opfer, sondern übernehmen Sie Verantwortung, indem Sie zu Ihrem Fehler stehen. Nicht mit dem Standard-Spruch „Fehler können jedem passieren“, sondern mit, „Ja, den Fehler habe ich gemacht“.

Lernerfahrungen nutzen

Analysieren Sie, welche Lernerfahrungen Sie mit diesem Fehler machen können. Finden Sie eine Lösung für die Zukunft, indem Sie sich fragen, „Was kann ich das nächste Mal anders machen?“ und nicht „Was habe ich falsch gemacht?“. Wechseln Sie die Perspektive von Falsch zu Anders.

Visualisieren Sie

Nutzen Sie die Fähigkeit Ihrer Vorstellung, indem Sie zukünftige Situationen visualisieren und wie Sie dann reagieren werden. Spielen Sie unterschiedliche Varianten und Lösungsmöglichkeiten durch. Das trainiert Ihr Gehirn in zukünftigen Situationen flexibel zu reagieren. Dieses Mentaltraining wie ein reales Training und eine gute Vorbereitung für zukünftige Problemsituationen oder andere Herausforderungen.

Üben, üben, üben…

Wie heißt es so schön? Es ist noch kein Meister vom Himmel gefallen. Vermeiden Sie keine zukünftigen Situationen, in denen Sie Fehler machen könnten. Viele Menschen tendieren dazu, nach einem Misserfolg, ähnliche Situationen oder Aufgaben zu vermeiden. So können Sie nicht besser werden. Trauen Sie sich zum Beispiel schwierige Aufgaben noch einmal anzugehen. Probieren Sie sich aus und lernen Sie dazu.

Wer schreibt der bleibt

Dokumentieren Sie, was Sie aus den unterschiedlichen Situationen oder Problemen gelernt haben und was Sie geändert haben. Diese Art der Dokumentation hilft Ihnen den Überblick über Ihre persönliche Entwicklung zu behalten. Außerdem kann es auch sehr motivierend sein, wenn Sie sehen, wie viel Sie schon gelernt haben und welche Wege Sie schon beschritten haben.

Teilen Sie Ihre Fehler und Erfahrungen

Gerade im Berufsleben fällt mir auf, dass Menschen selten über Lernerfahrungen aus Fehlern sprechen. Stattdessen werden Fehler oft verschwiegen, wenn überhaupt heimlich gelöst und anderen dabei zugeschaut, wie sie denselben Fehler machen. Im Extremfall wird sich dann auch noch abfällig darüber geäußert. Stattdessen wäre es doch viel besser, wenn Kollegen sich über Fehler und deren Lösung austauschen würden. Dann könnten sie voneinander lernen und es würden weniger Fehler von unterschiedlichen Menschen wiederholt.

Fehlerkonferenzen als Lösung

Dazu empfehle ich in Teams oft die Etablierung von Fehlerkonferenzen. Einmal im Monat tauschen sich die Teammitglieder in einer Fehlerkonferenz über Fehler und deren Lösungen aus. Jedes Mitglied, auch die Teamleiter, bringen einen Fehler ein, den sie im letzten Monat gemacht haben. Sie erklären wie sie diesen Fehler gelöst haben. Falls Sie noch keine Lösung gefunden haben, können die anderen Teammitglieder in die Lösungssuche mit einbezogen werden.

Wichtig ist dabei, dass diese Besprechungen stringent moderiert werden und es klare Verhaltensregeln gibt, die das Teilen von Fehlern erleichtert. Zum Beispiel: Keine abfälligen oder sarkastischen Bemerkungen; den anderen ausreden lassen; Fehler werden Teammitgliedern im Nachhinein nicht mehr vorgehalten; jeder Fehler wird ernst genommen etc.

Fehlerkonferenzen führen mittelfristig zu einem konstruktiven Umgang mit Fehlern und der Lerneffekt ist für alle eine Bereicherung. Probieren Sie es aus.

Weitere hilfreiche Informationen finden Sie hier:

Umgang mit Kritik und Beschwerden

Warum Schüler nicht aus Fehlern lernen können

Macht mehr Fehler!