Nein-Sagen fällt besonders Frauen schwer

Viele Menschen, aber ganz besonders Frauen, haben oft Probleme Nein zu sagen. Das liegt nicht an einem fehlenden Egoismus, sondern meistens an einer Prägung aus Kindheitstagen, als Nein sagen gegenüber Eltern oftmals abgestraft wurde. Mädchen werden auch heute immer noch dazu angehalten, andere zu unterstützen, sich nicht abzugrenzen und niemanden vor den Kopf zu stoßen. Das erschwert das Nein sagen ungemein.

Manchmal fällt es aber auch deswegen schwer, weil dem Betreffenden das nötige Selbstbewusstsein fehlt, um mit der Reaktion der „abgewiesenen Person“ umzugehen. Man möchte diese Reaktion auf alle Fälle vermeiden.

Letztendlich ist ein Nein ja oft auch eine Begrenzung einer anderen Person, beziehungsweise eine Nicht-Erfüllung derer Erwartungen, und manche Menschen reagieren daraufhin erst einmal „eingeschnappt“. Und das ist, gerade für Frauen, schwer zu ertragen. Wenn ich meine weiblichen Klienten frage, warum sie nicht öfter mal Nein sagen, bekomme ich meistens eine der folgenden Aussagen zu hören:

„Ich möchte den anderen nicht verletzen.“

„Ich will nicht egoistisch erscheinen.“

„Dann hilft mit der andere auch nicht mehr.“

„Ich fühle mich dann schuldig.“

„Dann verliere ich meine Freundin, meine Stelle, Sympathie…“

„Dann ist der andere enttäuscht oder sauer.“

„Ich möchte keine Diskussionen, dann mache ich es lieber.“

Stattdessen sagen dann viele Ja, obwohl sie eigentlich viel lieber Nein gesagt hätten. Viele fühlen sich dann aber auch nicht besser, sondern:

  • machen sich selbst Vorwürfe, weil sie so „feige“ sind
  • ärgern sich über sich selbst
  • fühlen sich als Opfer
  • ärgern sich über den anderen, dass er oder sie nicht gemerkt hat, dass man eigentlich keine Zeit, Lust oder Energie für die Bitte hat

Natürlich ist es auch ein Fakt, dass Menschen, die immer für andere da sind, auch als besonders hilfsbereit und selbstlos gelten. Vielen Frauen gefällt dieses Image von sich selbst. Sie schließen daraus, dass sie dann eher gemocht werden. Leider ist die Grenze zur Ausnutzung fließend und die „ewige Gutmütigkeit“ führt auch nicht immer zu mehr Respekt oder Wertschätzung, sondern meistens zu mehr Ausnutzung. Das sieht man sehr schön in beruflichen Teams, wo immer dieselben einspringen, wenn es brennt. Dieses Verhalten ermöglicht erst einen um sich greifenden Egoismus bei anderen. Und wenn es auch immer so gut funktioniert, warum soll man denn damit aufhören, denkt sich so mancher Kollege oder Kollegin. Und so ganz unrecht haben sie ja auch nicht…

Wenn Sie also glauben, dass Sie mehr Hilfe erwarten können, je mehr Sie Ja sagen, denken Sie noch einmal neu…

Wie können Sie also lernen Nein zu sagen?

Erst einmal ist es mir wichtig an dieser Stelle anzumerken, dass Sie nicht immer Nein sagen sollen, aber doch bitte dann, wenn Sie ein Unbehagen bei der Erfüllung einer Bitte haben. Schließlich sind Ihre Bedürfnisse auch wichtig und nicht immer nur die der anderen.

  1. Wenn Sie ein notorischer Ja-Sager sind, ist es erst einmal wichtig herauszufinden, warum Sie immer wieder Ja sagen, wenn Sie eigentlich lieber Nein sagen würden. Wovor haben Sie Angst, was befürchten Sie und wie könnten Sie besser damit umgehen? Malen Sie sich aus, was schlimmstenfalls passieren könnte und wie Sie dann damit umgehen könnten. Oftmals ist es die Angst vor der Angst, die uns lähmt und nicht so sehr, dass was real passiert. Je besser Sie sich auf etwaige Reaktionen vorbereiten, desto einfacher können Sie damit umgehen und werden nicht von ihnen überrascht.
  2. Manchmal ist ein Nein ja auch nur ein Nicht-jetzt. Vielleicht passt die Zusatzaufgabe ja jetzt nicht in Ihren Tagesablauf, aber vielleicht am nächsten Tag. Springen Sie nicht immer sogleich ein, wenn jemand was von Ihnen möchte. Oftmals erledigen sich die Dinge auch von selbst, wenn Sie ein wenig Zeit verstreichen lassen.
  3. Geben Sie kleine langatmigen Erklärungen, warum Sie Nein sagen. Das schwächt nur Ihre Position und klingt für den anderen oft eher wie eine Rechtfertigung. Und wer sich rechtfertigt, fordert meistens nur Gegenargumente heraus.
  4. Achten Sie auf Ihre Körpersprache. Wenden Sie sich dem anderen zu, stehen oder sitzen Sie gerade und schauen Sie ihm in die Augen. Und dann sagen Sie einfach Nein. Ein selbstbewusstes Auftreten gibt Ihrem Nein Kraft.
  5. Entschuldigen Sie sich nicht vorab schon für Ihr Nein: „Tut mir leid, kann ich nicht…“, auch das schwächt Ihre Aussage und viele Menschen werden versuchen Sie umzustimmen. Auch dann ist es wichtig, nicht in Rechtfertigungen zu verfallen, sondern einfach noch einmal das Nein zu wiederholen. Zum Beispiel: „Nein, kann ich nicht (will ich nicht, möchte ich nicht).
  6. Bleiben Sie freundlich aber bestimmt.
  7. Wenn Sie sich schwer tun mit dem Nein sagen, fangen Sie mit „ungefährlichen“ Situationen an, zum Beispiel bei der Restaurantauswahl zur Mittagspause: „Nein, ich möchte heute Mittag nicht zum Italiener gehen, sondern zum Asiaten.“
  8. Sein Sie es sich selbst wert, denn Ihre Bedürfnisse zählen genauso viel wie die der anderen.

 

 

 

 

 

 

 

 

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