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Und wir haben Angst, dass uns jemand nicht gut finden könnte…

„Gruppenvergewaltigung als einträgliches Geschäft“ – So lautet der Titel eines Artikels in der Rheinpfalz vom 12.12.2019 Laut dem Artikel sind in Indien sexuelle und tödliche Übergriffe an Frauen an der Tagesordnung. Nicht nur Frauen, auch Mädchen und Säuglinge sind betroffen. Gruppenvergewaltigungen sind dabei wohl der bevorzugte Modus Operandi. Und der Staat schaut hilflos und vielleicht auch desinteressiert zu. Periodisch gibt es immer wieder mal einen öffentlichen Aufschrei, wie wohl auch jetzt gerade, nachdem eine junge Tierärztin in Hyderabad von vier Männern brutal vergewaltigt, erdrosselt und dann verbrannt wurde. Tausende von Frauen und Männer sind in Neu Delhi, Hyderabad, Bangalore und anderen indischen Städten auf die Straße gegangen Und auch bei diesen Protesten gab es wieder Gewalttaten an Frauen und Mädchen.

Laut ZEIT.de wurde auch ein sechsjähriges Mädchen vergewaltigt und erdrosselt und die Gewalt gegen Frauen nimmt kein Ende… Offiziell gibt es in Indien mehr als 90 Vergewaltigungen am Tag. Da aber viele nicht gemeldet werden, geht man von einer weitaus höheren Dunkelziffer aus.

Virtual Reality statt das reale Leben

Warum beschäftigt mich das so? Indien ist doch weit weg und was ändern kann ich auch nicht. Außer auf das Problem aufmerksam machen, die eine oder andere Hilfsorganisation unterstützen etc… Mich beschäftigt dass, weil ich kurz davor einen Artikel von einer deutschen Mutter gelesen habe, deren 13-jährige Tochter sich zur Influencerin entwickelt. Für diejenigen , die nicht wissen was ein Influencer ist: “Als Influencer (von englisch to influence‘beeinflussen‘) werden Personen bezeichnet, die aufgrund ihrer starken Präsenz und ihres hohen Ansehens in sozialen Netzwerken als Träger für Werbung und Vermarktung in Frage kommen (sogenanntes Influencer-Marketing). Quelle: Wikipedia

Hunderte von Fotos und primär Selfies werden täglich gepostet, um Anerkennung und Aufmerksamkeit zu bekommen. Am besten vor exotischen Plätzen, um zu zeigen wie hipp und angesagt man ist. Um zu zeigen, dass man ein aufregendes und interessantes Leben führt. Dabei geht es weniger darum, diese Plätze wirklich kennen zu lernen oder etwas zu lernen, sondern primär um die Jagd nach dem perfekten Foto. Die eigene Messlatte ist dabei extrem hoch und die meisten Fotos werden als minderwertige verworfen. Komischerweise sehen dann aber die ausgewählten Fotos dann doch immer sehr ähnlich zu denen anderer Influencer aus: Schnute, koketter Blicke, wehendes langes Haar etc. Anders sein wollen in angepasster Gleichförmigkeit…

Dabei dann langfristig auch Geld zu verdienen ist der Traum von vielen angehenden Influencern, in dem man Werbung für Produkte macht, die man angeblich selbst gut findet und benutzt. Die erfolgreichsten Influencer im deutschsprachigen Raum bewegen sich immer noch primär im Mode- und Make-Up-Bereich. Was natürlich bei einer Dreizehnjährigen nahe liegend ist. Oder vielleicht doch nicht? Doch ist es. Auch wenn immer mehr Jugendliche sich für die Umwelt einsetzen, so gibt es doch immer noch viel mehr, die damit beschäftigt sind, wie sie bei anderen ankommen und wie viele Likes sie täglich einsammeln. Und es ist zu befürchten, dass das mit zunehmendem Alter nicht unbedingt abnimmt.

Wissen, was wirklich wichtig ist

Für mich stellen beide Beispiele eine extreme Schieflage in der Entwicklung von Frauen dar. Die einen müssen um ihr Leben fürchten, wenn sie auf die Straße gehen, die anderen müssen um die Entwicklung ihrer eigenen Identität fürchten, wenn sie einem virtuellen Schönheitsideal nachlaufen und sich dabei selbst als Produkt vermarkten. Beides nicht wirklich miteinander zu vergleichen, aber vielleicht kann das Beispiel der indischen Frauen uns Frauen hier in Deutschland daran erinnern, was wirklich wichtig ist, zum Beispiel:

  • wenn wir uns wieder mal darüber beschweren wie gestresst wir sind. Besonders durch das Verhalten anderer, die einfach nicht so funktionieren, wie wir es gerne hätten oder wie wir es für richtig empfinden,
  • wenn jemand halt nicht alles gut findet, was wir tun oder vielleicht auch einfach uns nicht gut findet,
  • dass es nicht wirklich wichtig ist ob wir gestylt sind oder ob wir alles perfekt machen,
  • dass wir auch einmal dankbar dafür sind, was hier haben und nicht darüber lamentieren was uns fehlt,
  • dass wir froh sein können in einem sicheren Land zu leben, indem Frauen per Grundgesetz Männern gleichgestellt sind,
  • dass wir unseren Kindern beibringen, dass Selfies nicht das Maß aller Dinge sind,
  • dass Kinder und wir selbst liebenswert sind, auch wenn sie/wir nicht das interessanteste Foto posten,
  • dass echte Freunde so viel besser sind als virtuelle.

Und so vieles mehr, wovon indische Frauen und viele Frauen weltweit nur träumen können. Gerade in dieser vorweihnachtlichen Zeit, lasst uns einfach mal dankbar sein und aufhören uns über Kleinigkeiten aufzuregen oder zu jammern. In diesem Sinne wünsche ich allen schon einmal ein frohes Weihnachtsfest. Lasst euch nicht stressen und vergesst nicht, was wirklich wichtig ist…

PS: Eins möchte ich noch klar stellen: Ich rede in diesem Artikel nicht von Frauen, die echte Probleme habe; die an Abgründen stehen und nicht weiter wissen; die krank sind oder in schlimmen persönlichen Verhältnissen leben, und verzweifelt einen Ausweg suchen.

Weitere Informationen:

Tausende demonstrieren in indischen Städten gegen Vergewaltigungen

Der Einfluß von Influencern auf Jugendliche

Wenn Likes zur Droge werden