Unvollkommenheit Klinikkonflikte Klinik Coach Heike Cobaugh

Was wäre wenn Unvollkommenheit ok wäre?

Heute mal etwas anderes, statt einem klassischen Blogartikel. Heute möchte ich eine Lanze für die Unvollkommenheit brechen. Unvollkommenheit statt Perfektion. Besonders meine weiblichen Leser haben oft einen Drang nach Perfektion. Für Euch habe ich diese kleine Phantasiereise geschrieben. Natürlich sind auch männliche Interessierte eingeladen, sich mit auf diese kleine Reise zu begeben 😉

Also, los geht’s:

Stell‘ dir vor, Unvollkommenheit wäre etwas, was wir Menschen an uns selbst, an anderen und an der Welt akzeptieren und sogar schätzen. Wie würde sich dein Leben dadurch verändern? Vielleicht schaust du dann morgens  in den Spiegel und was du siehst, ist für dich absolut in Ordnung. Natürlich gibt es Menschen, die wiegen weniger als du. Manche auch mehr. Ist dir aber egal, denn es spielt für dich noch für andere eine Rolle. Dir ist wichtig, dass du gesund lebst, doch dein Gewicht ist nicht so wichtig.

Kleidung, die Spaß macht

Du stehst vor deinem Kleiderschrank und suchst dir etwas zum Anziehen aus. Nicht dass, worin du besonders schlank aussiehst. Schwarze, sackartige Teile gibt es in deinem Schrank nicht mehr. Du magst Farbe und Muster, denn sie machen dich fröhlich und verbreiten gute Laune.

Positive Nachrichten zum Frühstück

Beim Frühstück schaust du kurz durch die Tageszeitung. Es gibt keine Nachrichten über Glaubenskriege, da niemand der Meinung ist, dass andere Religionen falsch oder unvollkommen sind. Stattdessen gibt es viele Berichte über zahlreiche  unterschiedliche und positive Initiativen, Länder und Menschen. Abwertende Kommentare oder superkritische Artikel sind auch nicht vorhanden, stattdessen wertschätzende Beiträge über die Unterschiedlichkeit auf der Welt. Wie wir einander ergänzen statt zu behindern. Eins ist nicht besser als das andere, sondern der Fokus liegt ganz klar auf dem Aspekt der Bereicherung. Dadurch hat sich auch die Angst vor der Andersartigkeit extrem reduziert.

Mode, die zur Gesellschaft passt

Dann schaust du noch kurz in deine abonnierte Frauenzeitschrift, in der gerade ein großer Artikel über die letzte Modenschau in Mailand steht. Du siehst Models in allen Größen und Formen, zum Teil auch behinderte Menschen, die einfach toll in der neusten Mode aussehen. Schön, auch die vielen älteren Frauen, die offensichtlich Spaß daran haben, die neueste Mode zu tragen. Ausgehungerte Models, die einfach nicht den real existierenden Frauenkörpern entsprechen, gibt es gar nicht mehr.

Spannend, wie sich auch die Kosmetikanzeigen verändert haben. Gesunde Kosmetik für eine gesunde Haut. Auch 17-jährige Models, die Antifalten-Creme propagieren gehören der Vergangenheit an. Generell fällt es dir auch schwer, dich an die Zeit zu erinnern, wo jedes Foto gephotoshoppt war. Jetzt sind alle Fotos au Nature und keiner stört sich an den Falten oder sonstigen Unvollkommenheiten, denn so sieht die Welt ja nun mal aus. Falten sind ein Zeichen für Reife und ein gelebtes Leben. Die Gesellschaft schätzt das.

Jede Anzeige mit altersgerechten Modellen. Jedes Alter scheint hier seinen Platz und seine Wertschätzung zu erfahren. Jede Figur ist ok.

Perfektion ist out

Nun ist es aber Zeit auf die Arbeit zu fahren. Dort angekommen begrüßt du deine Kollegen und Kolleginnen. Schnell noch eine Tasse Kaffee. An der Kaffeemaschine triffst du die Kollegin vom übernächsten Büro. Ihr unterhaltet euch kurz über eure Kinder und die vielen spannenden Neuigkeiten aus der Schule. Wie froh ihr seid, dass eure Kinder schon lange nicht mehr allen möglichen Markennamen hinterher rennen und gerade eure Töchter nicht im Diätwahn stecken, so wie es zum Teil in eurer Jugend normal war. Wo schon 5-jährige Mädchen sich als zu dick empfanden. Gruselig und traurig war das!

Dieses immer perfekte Aussehen ist euren Töchtern nicht mehr so wichtig. Nicht dass sie deswegen ungepflegt wären, aber sie sehen auch nicht mehr so genormt aus. Es gibt so viele unterschiedliche Typen und das ist auch gut so. Und perfekt gestylten Mode-Bloggerinnen zu folgen wird eher als etwas  Altmodisches angesehen. Etwas, was ihre Mütter getan haben. Dafür haben eure Töchter keine Zeit, denn sie engagieren sich lieber ehrenamtlich als virtuellen Schönheitsidealen hinterherzulaufen.  Davon gibt es eh kaum noch welche. Aber auch die wenigen, die es noch gibt, die einer angeblich besseren Zeit hinterherlaufen, werden akzeptiert. Schließlich ist niemand perfekt

Man redet miteinander und nicht übereinander

Dann ist es Zeit für die Arbeit. Zeit ist etwas, von dem du mittlerweile mehr auf der Arbeit hast als früher. Wenn du nur daran denkst, wie viel Zeit mit Klatsch und Tratsch damals drauf gegangen ist. Früher hat man an den Kollegen und Kolleginnen kein gutes Haar gelassen hat. Immer wusste irgendjemand, wie andere ihre Arbeit besser machen könnten, oder wie sie sich besser verhalten sollten. Das war anstrengend! Und meistens hattest du dann nach solchen Gesprächen eher schlechtere Laune und die Arbeit fiel dann doch erheblich schwerer. Außerdem war dir natürlich klar, dass  es auch genügend Leute gab, die genauso über dich redeten.

Und dann dieses ewige Mobbing. Der Gruppenzwang „Bist du nicht für uns, bist du gegen uns!“. Überall wurde Harmonie als Teammantra propagiert. Dabei gab es überall unterschwellige Konflikte. In Teams, in denen es besonders viele harmoniebedürftige Frauen gab, gab es sogar die meisten davon. Nein, diese Zeit vermisst du wahrlich nicht mehr.

Konflikte machen keine Angst mehr

Natürlich ist auch jetzt nicht alles rosarot. Es gibt natürlich auch Konflikte. Doch niemand hat Angst davor. Letztendlich geht es ja meistens nur um eine andere Sicht oder eine andere Meinung. Und du hast gelernt, den anderen nicht besiegen oder von deiner Meinung überzeugen zu wollen. Das war letztendlich doch immer nur ein Kampf. Und da Frauen ja ein Elephantengedächtnis haben, nahm das auch nach dem vermeintlichen Sieg, selten ein gutes Ende.

Stattdessen hört man sich heute interessiert und wertschätzend zu und schaut, wie man zu einem Kompromiss kommen kann. Natürlich musst du da auch mal was abgeben, aber du weißt, dass du dafür an anderer Stelle auch einmal was zurückbekommst. Letztendlich gleicht es sich aus.

Fehler sind ok

Schön findest du aber, dass du schon lange keine Angst mehr davor hast, deine Meinung zu äußern, auch wenn sie nicht der des anderen entspricht. Oft kommen durch die unterschiedlichen Meinungen und Herangehensweisen auch wieder neue Aspekte und Wege dabei heraus. Das hat auch dazu geführt, dass du und auch andere sich schneller mal für Veränderungen öffnen. Schließlich muss man ja nicht unbedingt vorher schon wissen, ob etwas perfekt funktionieren wird. Das findet man doch sowieso nur durch das Probieren heraus. Fehler sind dabei einfach vorprogrammiert. Macht aber nichts, denn du und deine Kollegen teilt eure Fehler in monatlichen Teammeetings und so lernen alle aus den gemachten Fehlern. Keiner muss sich schämen. Das betrifft auch die Chefs.

Du schaust auf die Uhr und bist erstaunt. Noch eine halbe Stunde und dann ist auch schon Feierabend. Schnell erledigst du noch ein paar dringende Telefonate, der Rest kann auch bis Morgen warten. Alles schaffst du eh‘ nie, doch du schaffst es ohne ein schlechtes Gewissen nach Hause zu gehen. Du freust dich schon auf deine Familie und was sie so über ihren Tag berichten. Und wie wunderbar unvollkommen der vielleicht war…

Gut, ich gebe zu, an der einen oder anderen Stelle klingt das Ganze doch etwas zu weichgezeichnet, doch ein wenig mehr davon täte uns gut. Oder nicht?

Also fang‘ doch einfach mal bei dir selbst an. Was ist alles unvollkommen? An Dir, Deiner Welt, Deinem Leben? Und warum könnte das auch gut so sein?

Ich würde mich über viele Kommentare freuen, die gerne auch unvollkommen sein dürfen 😉