Ärger in Unternehmen

Als Spezialistin für Konflikte werde ich immer wieder in Teams gerufen, wo unterschwellig viele Konflikte existieren, die mittlerweile schon die Produktivität und das Miteinander in der Gruppe erheblich behindern. Manchmal liegen auch schon konkrete Mobbingvorwürfe vor. Wobei nicht überall, wo Mobbing draufsteht, auch Mobbing drin ist…Immer wieder interessant finde ich, dass diese Gruppen, mir gegenüber,  als „Externen“, erst einmal versuchen „zu verkaufen“ alles wäre in bester Ordnung. Manchmal habe ich das Gefühl, sie glauben wirklich, ich könnte nicht spüren und auch sehen, dass einiges im Argen liegt. Und gleichzeitig gibt es auch immer wieder Mitglieder der Gruppe, die wirklich zu glauben scheinen, alles sei in Ordnung. Andere hoffen, dass nichts ausgesprochen wird, denn man muss ja „morgen wieder miteinander arbeiten“.  Sie scheinen der Überzeugung zu sein, dass wenn es nicht offen ausgesprochen wird, es auch nicht da ist. Gleichzeitig sind es meistens genau jene Mitarbeiter, die mit Klatsch und Tratsch dafür sorgen, dass die Konflikte immer präsent bleiben und weit über die eigene Gruppe hinaus bekannt sind. Es scheint wenig Themen in Gruppen zu geben, die so kontrovers und zum Teil Angst besetzt sind, wie das offene Ansprechen von bestehenden Konflikten, Kritikpunkten und eventuellen existierenden Kränkungen.

Letztendlich geht es fast immer um Ärger und Verletzungen. Und gerade Ärger ist wohl das am meisten verleumdete und pervertierte aller Gefühle und Reaktionen. Und obwohl wir Menschen immer wieder mit Ärgernissen konfrontiert werden, haben fast alle grösste Schwierigkeiten damit umzugehen. Sei es nun im Geben oder im Nehmen. Wir haben einfach keinen adäquaten Umgang damit gelernt. Nicht von den Eltern, den Lehrern, den Vorgesetzten, noch von Politikern oder anderen möglichen gesellschaftlichen „Vorbildern“. Ich bin der Meinung, wir haben nicht nur eine fehlende Fehlerkultur, sondern auch eine fehlende Ärgerkultur. Und die Preise, die wir dafür zahlen, sind seelische und körperliche Gesundheitsschäden, sowie gestörte menschliche Beziehungen. Für Unternehmen bedeutet das hohe Krankheitstage, mangelnde Motivation und sinkende Produktivität. Ich denke, das Unternehmen sich in Zukunft stärker mit dem Thema Ärger auseinander setzen müssen, und gut wäre auch schon in Schulen das Fach Ärger einzuführen. Vielleicht werde ich in Zukunft Deutschlands erster Ärger-Coach…

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