Streit oder Problem Klinik Coach Heike Cobaugh

Was ist eigentlich ein Konflikt? Vielleicht ist es ja nur ein Problem…

Definition

Das Wort Konflikt stammt von dem lateinischen Wort confligere,  „zusammentreffen, kämpfen“ ab. Der Duden definiert es wie folgt: „Ein Konflikt entsteht/ist ein:

1a.  durch das Aufeinanderprallen widerstreitender Auffassungen

1b. mit kriegerischen Mitteln ausgetragene Auseinandersetzung

2.   Zwiespalt, Widerstreit aufgrund innerer Probleme

Das heißt, ein Konflikt kann also auf der einen Seite zwischen zwei oder mehrere Parteien entstehen, oder es kann auch ein innerer Prozess sein. Um mit den Worten von Johann Wolfgang Goethe zu sprechen: „Zwei Seelen wohnen, ach! in meiner Brust“.

Gibt es ein Konfliktrezept?

Nicht jede Meinungsverschiedenheit ist gleich ein Konflikt und nicht jede Antipathie gleich Mobbing. Was zeichnet zum Beispiel einen Konflikt zwischen zwei Parteien aus?

  1. Unterschiedliche Meinungen, Interessen, Ziele oder Bewertungen treffen aufeinander…
  2. …und sind nicht gleichzeitig miteinander vereinbar.
  3. Beide Konfliktparteien fühlen sich im Recht.
  4. Das Thema hat für beide eine hohe persönliche Bedeutung.
  5. Es bestehen eine gegenseitige Abhängigkeit und ein Handlungsdruck.
  6. Negative Gefühle gegenüber dem Konfliktpartner sind vorhanden.

Punkt 6 ist entscheidend, um von einem Konflikt zu sprechen. Ansonsten könnte man auch von einem Problem,  einer Meinungsverschiedenheit oder Auseinandersetzung sprechen. Sobald ein oder mehrere Konfliktpartner negative Emotionen gegenüber der anderen Partei empfinden, wie zum Beispiel Wut, Enttäuschung, Trotz, Verletztheit… ist ein Konfliktstadium erreicht.

Frauen haben viele Konflikte…

Oftmals ist das auch der Grund, warum viele Frauen Auseinandersetzungen als Konflikte empfinden und emotional dadurch belastet sind. Viele Männer hingegen können sich „lange“ auf der Ebene einer Auseinandersetzung aufhalten, werden weniger emotional und können nach einer, durchaus auch „heftigen“ Diskussion, noch ein Bier zusammen trinken gehen. Für viele Frauen undenkbar… Oft steht ihnen auch ihr Perfektionsanspruch im Weg.

Und da sind wir auch schon bei einem typischen Geschlechtsspezifischen Unterschied, auf den ich später noch einmal zu sprechen komme, wenn es um die unterschiedliche Bewertung eines Konfliktes und die Lösung desselbigen geht. Ich weiß, das klingt nach einer Klischeeschublade, doch nach so vielen Jahren im Klinikwesen, finde ich dieses Klischee immer wieder bestätigt.

Man kann also sagen, das wesentliche Bestimmungsmerkmal eines Konfliktes sind negative Emotionen, die bei mindestens einem der Konfliktpartner vorhanden sein müssen. Ist dem nicht so, handelt es sich nur um ein Problem. Und Probleme lassen sich meistens sachlich lösen.

Eigentlich habe ich ja keinen Konflikt…

Sie sehen also, Sie können auch schon Teil eines Konfliktes sein, ohne selbst negative Emotionen zu empfinden. Sie werden den Konflikt aber wahrscheinlich nicht sachlich lösen können, ohne diese Emotionalität zu berücksichtigen. Das ist gerade für Ärztliche Führungskräfte, die gerne „stoisch“ auf der sachlichen Seite verbleiben wollen, nicht so einfach. Also kann es sinnvoll sein, sich den emotionalen Aspekten eines Konfliktes zu widmen. Ich bin sogar der Meinung, je mehr ich Emotionen berücksichtige, desto mehr kann ich Konflikte wieder auf eine sachliche Ebene heben.

So wenig Zeit und so viele Konflikte…

Es gibt nicht nur „den Konflikt“, sondern es gibt eine relativ große Anzahl von Konfliktarten und da Sie sich ja wahrscheinlich in einem Klinikumfeld bewegen, kann es sinnvoll sein, bevor Sie einen Konflikt angehen, erst einmal eine anständige Anamnese und Diagnostik zu betreiben, bevor Sie zu einer Intervention schreiten. Hier einige Konfliktarten, die in Kliniken auftreten.

Der Kommunikationskonflikt

Kommunikationsstörungen sind oftmals der Grund für viele Konflikte. Botschaften werden unklar geäußert, es gibt „versteckte Botschaften“, oder Informationen werden einfach gar nicht weitergegeben.

Der Meinungskonflikt

Es besteht eine generelle Uneinigkeit zu Sachproblemen, zum Beispiel Saalverteilung im OP. Die eigene Meinung wird als einzig richtige Meinung gesehen und andere Meinungen werden negiert oder abgewertet. Ein Konflikt, der oft zwischen Ärzten auftritt.

Der Bewertungskonflikt

Prioritäten werden unterschiedlich gesetzt, zum Beispiel in der Ablauforganisation. Unterschiedlichkeit wird als störend empfunden und „erzieherische Maßnahmen“ werden ausprobiert. Eher ein pflegerisches Konfliktfeld.

Der Zielkonflikt

Es herrscht keine Einigkeit über das angestrebte  gemeinsame Ziel. Besonders die unterschiedlichen Berufsgruppen kommen oft in einen Zielkonflikt, zum Beispiel: Wirtschaftlichkeit versus optimale medizinische Versorgung.

Der Maßnahmenkonflikt

Es besteht keine Einigkeit über den besten Weg zum klar festgesetzten Ziel, zum Beispiel zum Thema funktionelle, reibungslose Übergabe, oder nach welchen Kriterien erfolgt eine Zeiteffiziente Dokumentation, etc..

Der Regelungskonflikt

Es gibt keine klare Regelung, zum Beispiel zu Ansprechbarkeit: Wer ist wann weisungsbefugt, an wen muss berichtet werden?

Der Zuständigkeitskonflikt

Unklarheit beziehungsweise Uneinigkeit über Befugnisse, zum Beispiel, in einem Oberärztlichen Leitungsteam, zwischen interdisziplinären Fachbereichen oder im OP-Management.

Der Rollenkonflikt

Oftmals auftretende Konfliktart in Pflegeteams:Wer nimmt offiziell oder inoffiziell welche Rolle ein? Wer identifiziert sich mit seiner Rolle oder auch nicht, zum Beispiel,  wenn ein Teammitglied plötzlich Stationsleitung wird und Probleme hat sich durchzusetzen.

Der Internalkonflikt

Zum Beispiel Führungskräfte, die ein widersprüchliches Verhalten zu unterschiedlichen Zeiten, aber in ähnlichen Situationen, an den Tag legen. Verursacht eine Unsicherheit und oftmals auch Passivität bei Mitarbeitern.

Der Verteilungskonflikt

Gerade in interdisziplinären Fachbereichen, ein häufig auftretender Konflikt. Wer bekommt was und wie viel? Gerade Verwaltungsleiter und Geschäftsführer kennen diese Konfliktart nur zu gut. Chefärzte beobachten einander mit Argusaugen. Im Pflegebereich entsteht dieser Konflikt oft bei der Dienstplangestaltung.

Der Machtkonflikt

In der Ärzteschaft geht es oft auch um Machtkonflikte. Wer hat wie viel Macht? Gerade wirtschaftlich lukrative Fachbereiche, wie zum Beispiel die Kardiologie, empfinden oft ein  besonderes Machtpotenzial, welches auch öfter mal in arroganten und abwertenden Umgangsformen enden kann, und somit ein hohes Konfliktpotential mit anderen Fachbereichen hervorbringen kann. Hier kann Chefarztcoaching hilfreich sein.

Der Loyalitätskonflikt

Diese Konfliktform äußert sich oft als ein internaler Konflikt. Wenn zum Beispiel Assistenzärzte widersprüchliche Anweisungen vom Chefarzt und vom Oberarzt erhalten, oder das Pflegepersonal versucht verschiedenen Fachdisziplinen gleichzeitig gerecht zu werden. Dann spricht man von einem .

Der Kulturkonflikt

Mit dem Einzug von unterschiedlichen Nationalitäten und Kulturen in den Klinikalltag, sind Kulturkonflikte vorprogrammiert. Unterschiedliche Werte, Normen und Ausbildungsstandards prallen aufeinander.

Es gibt viele unterschiedliche Konfliktarten und oftmals vermischen sich diese an unterschiedlichen Punkten der Konflikteskalation. Das macht es nicht gerade leichter, ist aber hilfreich zu wissen, wenn es darum geht wo eine Intervention angesetzt werden soll, oder wie ein Konflikt thematisiert wird.

Tipps zu unterschiedlichen Interventionen finden Sie immer wieder hier in meinem Blog. Einfach öfter mal verbei schauen oder abonnieren Sie meinen Newsletter und werden Sie in Kenntnis gesetzt bei neuen Artikeln.

Videos zu Konfliktthemen:

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